Vor 78 Jahren: Fertig­stel­lung der Bara­cke »Typ Oswalt«

Im Dezem­ber 1944 kommen weitere 250 Frauen im KZ Conti-Limmer an, das zuvor um eine Bara­cke vom »Typ Oswalt« erwei­tert worden war. An den Namens­ge­ber erin­nert heute ein Stolper­stein.

Simonne Rohner, Gefan­gene des KZ Conti-Limmer, schreibt in ihrem kurz nach der Befrei­ung verfass­ten Bericht »En enfer …« über den Dezem­ber 1944:

»Seit drei Mona­ten schon wurde das Lager Rich­tung Kanal hin erwei­tert, die klei­nen Schre­ber­gär­ten waren verschwun­den, dort wurde aus Zement­stei­nen eine neue Bara­cke errich­tet. Ende Okto­ber wurde das Dach mit roten Ziegeln einge­deckt, die wenige Tage später grün über­stri­chen wurden zur Tarnung.«

Diese Bara­cke »Typ Oswalt« wurde als Unter­kunft für 250 weib­liche Gefan­gene errich­tet, die am 15. Dezem­ber 1944 im KZ Conti-Limmer eintra­fen.

Die Conti­nen­tal AG hatte mehrere Fertig­ba­ra­cken dieses Typs erwor­ben und eine davon für die Erwei­te­rung des KZs verwen­det. Bara­cken dieser Bauweise wurden auch im Außen­lager Hasel­horst des KZ Sach­sen­hau­sen als Häft­lings­un­ter­künfte genutzt.

Liefe­ran­tin der Bara­cke »Typ Oswalt« war die Firma Stadler-Bimsbau. Inha­ber und Konstruk­teur war der Diplom­in­ge­nieur und Archi­tekt Alfred Oswalt.

Abbildung aus der Broschüre »Neuzeitliches Bauen – Die Bauweise Oswalt – 1944–1945«
Abbil­dung aus der Broschüre »Neuzeit­li­ches Bauen – Die Bauweise Oswalt – 1944–1945«

Über ihn berich­tet Johan­nes Tuchel in seinem 2014 in Berlin erschie­ne­nen Buch »… und ihrer aller wartete der Strick.«:

»Der selb­stän­dige Bauin­ge­nieur Alfred Oswalt nutzte seine Firma Stad­ler Bims­bau, um sich wieder­holt für poli­tisch und rassisch Verfolgte sowie für Zwangs­arbeiter einzu­set­zen. Er unter­stützte sie mit Geld und Lebens­mit­teln und verhalf eini­gen mit falschen Pässen zur Flucht in die Nieder­lande. Auch hatte er Kontakt zu einer Wider­stands­gruppe von Nieder­län­dern, von denen einige auch bei ihm beschäf­tigt waren und für die er Spreng­stoff orga­ni­sierte. Am 14. Okto­ber 1944 wurde Alfred Oswalt von der Gestapo fest­ge­nom­men, bis zum 25. Novem­ber 1944 im Zellen­ge­fäng­nis [Haft­an­stalt in Berlin-Moabit] inhaf­tiert und dann nach Plöt­zen­see verlegt. Die Anklage des ›Volks­ge­richts­ho­fes‹ lautete auf ›Vorbe­rei­tung zum Hoch­ver­rat‹. Am 7. Februar 1945 wurde Alfred Oswalt in das Zucht­haus St.-Georgen-Bayreuth verlegt, wo er am 14. April 1945 befreit wurde.«

Heute erin­nert in Frankfurt-Niederrad ein Stolper­stein an ihn, siehe https://​frank​furt​.de/​f​r​a​n​k​f​u​r​t​-​e​n​t​d​e​c​k​e​n​-​u​n​d​-​e​r​l​e​b​e​n​/​s​t​a​d​t​p​o​r​t​r​a​i​t​/​s​t​a​d​t​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​/​s​t​o​l​p​e​r​s​t​e​i​n​e​/​s​t​o​l​p​e​r​s​t​e​i​n​e​-​i​n​-​n​i​e​d​e​r​r​a​d​/​f​a​m​i​l​i​e​n​/​s​i​m​o​n​-​f​r​i​t​z​-​u​n​d​-​l​o​t​t​e​-​s​o​w​i​e​-​o​s​w​a​l​t​-​a​l​f​red, dort gibt es auch ausführ­li­chere Infor­ma­tio­nen zur Wider­stands­tä­tig­keit von Alfred Oswalt.

Stolperstein für Alfred Oswalt in Frankfurt | Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main, CC BY-SA 4.0 DE
Stolper­stein für Alfred Oswalt in Frank­furt | Initia­tive Stol­per­steine Frank­furt am Main, CC BY-SA 4.0 DE

Die KZ-Baracke »Typ Oswalt« stand noch bis in die 1960er-Jahre in Limmer und diente zunächst der Unter­brin­gung von deut­schen Flücht­lin­gen und später der Conti­nen­tal als Lager­ge­bäude.

Die Unterkunftsbaracken des KZ Limmer 1959 mit Altreifenlager der Continental | Privatbesitz Jürgen B. Hartig
Die Unter­kunfts­ba­ra­cken des KZ Limmer 1959 mit Altrei­fen­la­ger der Conti­nen­tal | Privat­be­sitz Jürgen B. Hartig