Die letzte Europawahl hat mindestens zwei unterschiedliche gesellschaftliche Strömungen in Europa zum Ausdruck gebracht: Einerseits ist der Wille, diesen Kontinent zu stärken und demokratisch zu entwickeln, ausgeprägt, andererseits haben sich nationalistische, illiberale und rechtsextreme Kräfte mit erheblicher Zustimmung zum Angriff auf europäische Errungenschaften formieren können. Diese in allen europäischen Ländern wirksamen Kräfte bedienen sich in ihrer Propaganda nationalistisch geprägter Geschichtsbilder, die Rassismus, Autoritarismus, innere und äußere Abgrenzungen gegen das Andere, auch Antisemitismus als Selbstverständlichkeit nationaler Eigenart begründen sollen. Reale kulturelle Verlusterfahrungen in einer europäischen und globalen Welt bilden dabei den Resonanzraum von Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik.
Kritische, an den Werten von Menschenrecht und Menschenwürde ausgerichtete Geschichtsbearbeitung orientiert sich dagegen an einer Gegenwart und Zukunft, die im Lernen aus der unheilvollen Geschichte Europas das demokratische Zusammenwachsen des Kontinents und der Welt zum Ziel hat.
Mit unseren über die DDR, Polen und Rumänien referierenden Gästen wollen wir uns über beide Dynamiken in ausgewählten Ländern Europas und in Deutschland austauschen. Sie stehen für die Stimmen und Taten, die den demokratischen Wechsel in Europa einst möglich machten, für Stimmen, die Geschichte aus der Perspektive von Freiheitsgewinnen begreifen.
In kritischer Befragung unseres Umgangs mit deutscher Geschichte und ihrer Vermittlung soll es im Gespräch mit den eingeladenen europäischen Partner*innen um unseren Beitrag zu einer europäischen Erinnerungskultur gehen. Denn diese im Dialog zu entfalten, wird eine Aufgabe der Gegenwart und Zukunft sein, soll das Projekt Europa politisch nicht auseinanderfallen. Die Veranstaltung soll dazu Denkanstöße liefern.
Zeit und Ort
Samstag, 2. November 2019
Haus der Region
Hildesheimer Straße 18
30169 Hannover
Raum N003
Programm*
9.30–9.55 Uhr
Begrüßung
10.00–11.00 Uhr
Peter Schyga: Geschichtspolitik und Erinnerungskultur – Im kritischen Rückblick zu neuen Aufgaben der Gegenwart
11.00–11.15 Uhr
Kaffeepause
11.15–12.15 Uhr
Wolfgang Templin: Die polnische Gesellschaft im Spannungsfeld ihrer besonderen Geschichte
12.15–14.00 Uhr
Mittagspause mit Gelegenheit, an einer Führung durch das »ZeitZentrum Zivilcourage« teilzunehmen
14.00–15.00 Uhr
William Totok: Aspekte von Geschichtspolitik im Rumänien der Nachwendezeit
15.00–15.30 Uhr
Kaffeepause
15.30–16.30 Uhr
Ulrike Poppe: Aspekte von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in der DDR und den neuen Bundesländern
16.30–17.30 Uhr
Mira Keune: Round Up und Ausblick
* Die einzelnen Vorträge dauern 30–35 Minuten.
Die Referentinnen und Referenten
Mira Keune ist Historikerin und seit 2016 Geschäftsführerin und Leiterin des Grenzlandmuseums Eichsfeld.
Ulrike Poppe engagierte sich nach dem Studium von Kunsterziehung und Geschichte seit 1982 in der Frauen‑, Friedens- und Bürger*innenbewegung der DDR.1989 Erstunterzeichnerin der Bürgerbewegung »Demokratie jetzt«. 1991–2010 Studienleiterin für Politik und Zeitgeschichte an der Ev. Akademie in Berlin, 2010–2017 Beauftragte der Stasiunterlagen-Behörde in Brandenburg.
Wolfgang Templin brach seine Karriere als Geisteswissenschaftler in der DDR 1983 nach Erfahrungen mit Polens Solidarność ab. 1985 Mitbegründer der Oppositionsgruppe »Initiative Frieden und Menschenrechte«. Nach Verhaftung und erzwungener Ausreise in die Bundesrepublik 1988 bei der Rückkehr nach Berlin Mitbegründer der Partei Bündnis 90. Seit 1996 freiberufliche Tätigkeit als Publizist und in der politischen Erwachsenenbildung, Publikationen zur DDR-Geschichte, dem deutschen Vereinigungsprozess und aktuellen Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa. Von 2010 bis 2014 Leiter des Landesbüros Polen der Heinrich-Böll-Stiftung e. V. in Warschau.
William Totok, geboren in Rumänien, studierte dort Germanistik und Rumänistik. Kam als Gründungsmitglied der oppositionellen »Aktionsgruppe Banat« von 1975–1976 in Haft. Er lebt seit 1987 als freischaffender Schriftsteller und Publizist in Berlin.
Peter Schyga ist mit seinem Büro KLIOPES freiberuflicher Historiker und Publizist mit dem Schwerpunkt deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts. Er arbeitet zudem als Referent des Netzwerks Erinnerung und Zukunft.
Anmeldung
Wir bitten um eine Anmeldung bis zum 28.10.2019. Die Veranstaltung ist kostenfrei; für angebotene Getränke und Snacks erbitten wir einen Obolus. Der Zugang zu den Räumen ist barrierefrei.
Kontakt
Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover e. V.
c/o Dr. Meyer & Partner
Bödekerstraße 90, 30161 Hannover
Telefon: 0511 9618715
Vorsitzender: Dr. Horst Meyer
Netzwerkreferent: Dr. Peter Schyga
www.netzwerk-erinnerungundzukunft.de
Erinnerung-und-Zukunft@t‑online.de