07.04.1945: Räumungs­marsch, 2. Tag

»Am Morgen sind wir entschlos­sen, zu wider­ste­hen und den Abmarsch zu verwei­gern. Wir sind entkräf­tet, einige zittern vor Fieber, und alle haben schmerz­hafte Blasen. Die Holz­stü­cke, die wir an die Füße gebun­den tragen und die Schuhe genannt wurden, sind nicht für lange Märsche gemacht. Der Ober­schar­füh­rer hat unser Vorha­ben erra­ten und kommt, beglei­tet von Solda­ten mit aufge­pflanz­tem Bajo­nett. Er droht uns mit der Maschi­nen­pis­tole, da wir nicht gleich reagie­ren; die Solda­ten stoßen uns mit den Gewehr­kol­ben. Wir haben Angst vor dem Unver­meid­ba­ren, der mörde­ri­schen Lektion, und wir geben nach. Im Hofe sehen wir den Mann vom Vorabend. Er ist ein Häft­ling aus dem kommando Stocken, das uns voraus­ging bei dem großen Auszug. Er ist nicht mehr zu erken­nen, eine fürch­ter­li­che Wunde hat ihm den Schä­del geöff­net … Wir müssen marschie­ren.«

Stépha­nie Kuder, ehema­lige Gefan­gene des KZ Conti-Limmer
Dieser für die KZ-Bekleidung typi­sche Holz­schuh stammt aus dem Kochen­dor­fer Salz­berg­werk (Neckar­tal). Vermut­lich hat ihn ein Häft­ling des KZ Kochen­dorf bei der Arbeit verlo­ren. | © Simone Rapp, www​.kz​-kochen​dorf​.de